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Demokratie - Abstimmung per Hand

K(l)ein Geld für Demokratie?!

Kurzinformation

Träger: AWO Bundesverband
Zeitraum: dauerhaft
Arbeitsfeld: Demokratieförderung
Zielgruppe: Politik, Öffentlichkeit

Das von der Ampel-Koalition 2021 angekündigte Demokratiefördergesetz ist nicht gekommen – und das in Zeiten eines politischen und gesellschaftlichen Rechtsrucks. Wie viel ist dem Staat Demokratieförderung durch die Zivilgesellschaft wert? Ein Daten-Projekt des Bundesverbands gibt erste Antworten.

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Finanzierung der Demokratiearbeit – ein Datenprojekt

„Zur verbindlichen und langfristig angelegten Stärkung der Zivilgesellschaft werden wir bis 2023 nach breiter Beteiligung ein Demokratiefördergesetz einbringen.“ Mit diesen Worten kündigte die Ampel-Koalition 2021 eine gesetzliche Grundlage für die Demokratieförderung an. Nachdem ein entsprechender Gesetzentwurf erarbeitet und im Kabinett beschlossen wurde, versandete das Projekt im parlamentarischen Prozess – und als die Ampel-Koalition zerbrach, war klar: Das Demokratiefördergesetz wird nicht kommen – und damit auch kein nachhaltiger, bedarfsgerechter Rahmen für die Finanzierung der Demokratiearbeit. Die Probleme, die das neue Gesetz angehen sollte, sind seitdem größer geworden: Die Demokratie und die offene Gesellschaft stehen so stark unter Druck wie lange nicht. Der politische und gesellschaftliche Rechtsruck greift um sich.

Investitionen in Demokratieschutz?

Statt in sozialen Zusammenhalt und demokratische Entwicklung zu investieren, brachte die neue schwarz-rote Bundesregierung jedoch vor allem Mittel für Rüstungsausgaben und die Wirtschaft auf den Weg. Nach neuen Verabredungen der NATO muss Deutschland seine Militärausgaben perspektivisch auf 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen – das wären 2024 bereits 215 Mrd. Euro gewesen. Neue Investitionen in Demokratieschutz hingegen? Fehlanzeige. Vor diesem Hintergrund trieb uns im AWO Bundesverband die Frage um, was es dem Staat denn aktuell wert ist, zivilgesellschaftliche Organisationen bei ihrem Einsatz für die Demokratie zu unterstützen – und zwar ganz konkret in Euros und Cents.

Was ist Deutschlands Quote für die Förderung der Demokratie?

Dabei stellten wir schnell fest: Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn der Bund informiert selbst nicht dazu, wie viel Geld jedes Jahr in diesen Bereich fließt. Auch gibt es keinen öffentlichen Datensatz zu den Bundesförderprogrammen. Wir machten uns daher auf den Weg, genau auszurechnen, wie viel Geld der Bund für die Förderung der Demokratie durch Zivilgesellschaft ausgibt – mit viel Aufwand. Ein öffentlicher Datensatz über Fördermittel würde Forschung und Zivilgesellschaft helfen.

Um herauszufinden, wie viel Geld aus dem Bundeshaushalt in demokratiefördernde Programme fließt, mussten wir zunächst erkunden, welche Förderprogramme der Bund in diesem Bereich unterhält. Dazu untersuchten wir alle Richtlinien der Bundesregierung, die uns zugänglich waren (aktuell 2.454 Richtlinien). Unser Ziel: Programme zu identifizieren, die demokratiefördernde Zwecke verfolgen. Unter Demokratieförderung verstehen wir die Förderung der Zivilgesellschaft in ihrem Bestreben, die Demokratie zu stärken. Deshalb orientierten wir uns für die Definition von Demokratieförderung am Entwurf für das Demokratiefördergesetz der Bundesregierung und entwickelten ein Codebuch mit sechs Kategorien, von denen mindestens eine erfüllt sein muss, damit ein Programm in die Auswahl gerät.

Aber woher stammen die 2.545 Richtlinien und was bedeutet „zugänglich?“. Mit der „Förderdatenbank Bund, Länder und EU“ bietet die Bundesregierung eine Suchmaschine für Förderungen an. Nicht zugänglich ist jedoch der Datensatz dahinter: Jede Suchanfrage muss einzeln und händisch durchgeführt werden, was eine Analyse der Förderlandschaft unnötig aufwendig macht. Um diese Arbeit zu erleichtern, erstellten wir mit automatisierten Tools einen eigenen Datensatz aller Förderrichtlinien der Datenbank, den man auch mit Blick auf andere Förderzwecke durchsuchen kann. Das Civic Data Lab unterstützte uns dabei technisch. In einem zweiten Schritt wurde ein Klassifizierungsprogramm trainiert, das anhand der Projektbeschreibungen erkennt, ob ein Förderprogramm nach unserem Verständnis Demokratieförderung ist oder nicht. Verließen wir uns nur auf die Technik? Nein. Die Ergebnisse der Analyse wurden von Fachexpert*innen überprüft und ergänzt. Die auf diesem Wege identifizierten Förderprogramme glichen wir dann mit den ihnen zugeordneten Mittelzuflüssen aus dem Bundeshaushalt ab, um herauszufinden, um wie viel Geld es sich hier handelt. So fanden wir die Summe heraus und – im nächsten Schritt – die Demokratieförderquote, also den Anteil an den Gesamtausgaben des Bundes im Jahr 2024.

Ganz klar: Unser Fokus auf Demokratieförderung durch die Zivilgesellschaft blendet andere Finanzflüsse aus, etwa in demokratische Institutionen – wie Parteien, unabhängige Medien oder Gerichte.  Außerdem nahmen wir aufgrund des hohen Aufwands zunächst die Bundesebene in den Blick  – derweil wissen wir, dass auch die Bundesländer in erheblichem Maße Demokratieförderung betreiben. Schließlich konnten wir nur die sogenannten Soll-Werte – also das, was im Haushalt geplant wurde – ansehen. In welchem Umfang die Länder also Demokratie fördern und was tatsächlich an Mitteln abgerufen wird, müssen Folgeprojekte bestimmen.

Ergebnisse

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Nach unseren Ergebnissen existieren aktuell 14 Förderprogramme des Bundes, die das Ziel der Demokratieförderung durch zivilgesellschaftliche Akteur*innen verfolgen. Zu den größten Programmen zählen Demokratie leben!, die Migrationsberatung für Erwachsene sowie die Förderung von Maßnahmen zur gesellschaftlichen und sozialen Integration von Zugewanderten.

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Insgesamt beträgt die Summe, mit der all diese Vorhaben 2024 gefördert wurden, 540.065.176 Euro – davon 200 Mio. Euro für Demokratie leben!, rund 77,5 Mio. Euro für die Migrationsberatung für Erwachsene und rund 61 Mio. Euro für die Förderung von Maßnahmen zur gesellschaftlichen und sozialen Integration von Zugewanderten.

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Das ist viel Geld – doch gemessen an den Gesamtausgaben des Bundes im selben Jahr handelt es sich um einen verschwindend geringen Anteil von nur 0,11 Prozent. Die Mittel, die für die Demokratieförderung an die Zivilgesellschaft gehen, sind also nicht so groß, wie gern behauptet wird.

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Den entstandenen Datensatz und die Analysetools stellen wir mit dem Civic Data Lab offen zur Verfügung. Sie bieten viele Potenziale, die Ausgaben des Bundes auch mit Blick auf weitere Kriterien und Förderbereiche zu durchforsten – auch diese Transparenz ist ein Ergebnis unserer Arbeit.

Forderungen der AWO

Die Zahlen zeigen ganz klar: Es braucht angesichts der großen Herausforderungen mehr Anstrengungen, um die Zivilgesellschaft in ihrem Kampf für Demokratie und Vielfalt zu unterstützen!

  • Einerseits braucht es mehr Geld – denn in vielen bestehenden Programmen konnten gestiegene Personal- und Sachkosten mangels dynamisierter Zuschüsse, die sich automatisch an Tarif- und Preissteigerungen anpassen, nicht ausgeglichen werden. Außerdem braucht es dringend neue Impulse, um auch neue Bedrohungen der Demokratie anzugehen. Gemeinnützige, zivilgesellschaftliche Organisationen sind dabei immer auf Unterstützung des Staates angewiesen.
  • Zum anderen braucht es aber auch bessere Bedingungen. Förderprogramme müssen nachhaltig gestaltet sein und langfristige Planungsperspektiven für die Zivilgesellschaft bieten. Sie müssen mehrjährige, am besten dauerhafte Finanzierungen ermöglichen, um Strukturen aufzubauen und zu pflegen. Und es braucht gesetzliche, demokratisch beschlossene Schwerpunkte, die Organisationen eine feste Zusage für die Unterstützung ihrer Arbeit ermöglichen – auch und gerade in Zeiten, in denen Demokratieförderung manchen zu unbequem erscheint.
  • Beides – eine gute und eine langfristige Finanzierung der wichtigen Arbeit – könnte ein Demokratiefördergesetz leisten. Daher sagen wir mit Nachdruck: 0,11 Prozent können nur ein Anfang sein – wir brauchen ein Demokratiefördergesetz für den Bund!

Daten und Vorgehen

Die Daten und unser Vorgehen zur Demokratieförderquote stellen wir offen bereit:

 

Dieses Projekt wurde gefördert durch die GlücksSpirale.