Kindergrundsicherung: Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestags
Das Parlament ist nun aufgefordert, die Weichen für eine echte Kindergrundsicherung zu stellen.
Am 06.11.2023 hat der AWO Bundesverband auf Einladung des Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages fristgerecht seine Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Kindergrundsicherung abgegeben, die am 13.11.23 stattfinden wird.
Im Vergleich zum Referentenentwurf wurde zwar an einigen Stellen nachgebessert, ein echter Systemwechsel in der monetären Absicherung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Sinne der AWO und des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG gelingt der Bundesregierung mit dem vorliegenden Entwurf jedoch nicht. Die Leistung ist aus Sicht der AWO in dieser Form noch kein geeignetes Instrument der Armutsbekämpfung und stellt auch keine soziale Gerechtigkeit im komplexen System der monetären Familienförderung her. Fatal ist zudem die unsachgerechte Vermischung von Erwerbsanreizen für Eltern mit der Existenzsicherung von Kindern und Jugendlichen, die den gesamten Entwurf durchzieht.
Auch darüber hinaus bestehen grundlegende Defizite fort, die vor Einführung der neuen Leistung noch gelöst werden müssen. Dies betrifft vor allem zusätzliche Antragserfordernisse und Anlaufstellen für Familien sowie starre Bemessungs- und Bewilligungszeiträume, die im Ernstfall zu Unterdeckungen des kindlichen Bedarfs führen können.
Zu kritisieren ist aus Sicht der AWO zudem, dass zahlreiche Kinder und Jugendliche von der neuen Leistung ausgeschlossen werden. Das betrifft zum Beispiel Leistungsberechtigte im Rechtskreis des Asylbewerberleistungsgesetzes. Inakzeptabel ist in diesem Kontext die Streichung des Sofortzuschlags, da mit Einführung der neuen Leistung damit faktisch Leistungskürzungen für eine Personengruppe erfolgt, deren Leistungen im Status Quo am geringsten ausfällt und die durch ihre Fluchterfahrung sowieso stark belastet ist. Auch der besonderen Situation von Careleaver*innen wird im Entwurf nicht ausreichend Rechnung getragen.
Der Entwurf enthält andererseits auch einige Änderungen, für die die AWO sich seit Langem einsetzt und die wir begrüßen. Positiv zu bewerten sind die Zusammenführung einiger zentraler sozialstaatlicher Leistungen und die Berücksichtigung von Wohnkosten in der neuen Leistung, Verbesserungen bei der Anrechnung von Einkommen der Kinder und Eltern, erste Schritte hin zu einem zugehenden Sozialstaat durch Datenabrufe der Behörden untereinander und die Einführung des Kindergrundsicherungs-Checks.
Der Deutsche Bundestag ist nun aufgefordert, die Weichen für eine echte Kindergrundsicherung zu stellen. Die AWO wird sich in diesem Prozess weiter aktiv einbringen.
Vollständige Stellungnahme zum Download
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Stellungnahme AWO Bundesverband