Drogentodesfälle – kein Grund zur Entwarnung
Anlässlich der Vorstellung der Zahlen für das Jahr 2024 durch den Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung fordert der AWO Bundesverband entschlossenen Handeln. Besonders alarmierend sei der Anstieg der Todesfälle bei jungen Menschen.
Am 7. Juli 2025 stellte der neue Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung Prof. Dr. Streeck die Drogentodeszahlen für das Jahr 2024 vor. Mit 2.137 Todesfällen bleibt das Niveau erschreckend hoch – das entspricht sechs Todesfällen pro Tag. Besonders alarmierend ist der Anstieg der Todesfälle bei jungen Konsumierenden unter 30 Jahren um 14 Prozent. Diese Entwicklung zeigt: Der Drogenmarkt verändert sich rasant und wird gefährlicher.
Mischkonsum und neue Substanzen als tödliche Gefahr
Ein zentrales Problem ist der Mischkonsum. Noch nie wurden bei den verstorbenen Konsumierenden so viele unterschiedliche Substanzen toxikologisch nachgewiesen. Besonders synthetische Opioide wie Fentanyl (342 Todesfälle) und Neue Psychoaktive Substanzen (NPS), deren Beteiligung an Todesfällen um über 70 Prozent gestiegen ist, stellen eine akute Bedrohung dar.
„Jeder vermeidbare Todesfall ist ein politisches Versagen“, so AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner.
AWO-Forderungen: Prävention stärken, Beratung ausbauen
Die AWO fordert ein umfassendes Maßnahmenpaket, um der Entwicklung wirksam entgegenzutreten:
- Flächendeckende Drug-Checking-Angebote, um Konsumierende frühzeitig vor gefährlichen Substanzen zu warnen
- Niedrigschwellige Naloxon-Vergabe, um Leben im Notfall retten zu können – die Kostenübernahme muss dabei gesichert sein und darf nicht auf Konsumierende, Angehörige oder Einrichtungen abgewälzt werden
- Ausbau von Substitutionsprogrammen, um Menschen aus der Abhängigkeit zu helfen – auch für Konsumierende in Haft, wo der Zugang zu Substitution oft unzureichend ist
- Mehr Prävention und Aufklärung, insbesondere für junge Menschen
- Bessere Ausstattung der Suchtberatungsstellen, die als erste Anlaufstelle dringend gestärkt werden müssen
- Spezifische Hilfsangebote für wohnungslose Menschen, die besonders gefährdet sind – Teilhabe und Zugang zu Gesundheitsversorgung dürfen keine Frage des Wohnstatus sein
- Entstigmatisierung von Sucht und Konsum, um Betroffenen und deren Angehörige den Zugang zu Hilfe und ihnen soziale Teilhabe zu ermöglichen
- Eine menschenzentrierte Drogenpolitik statt Repression, die Hilfe statt Strafe in den Mittelpunkt stellt
Legale Drogen – das unterschätzte Risiko
Während illegale Drogen zu Recht als Problem erkannt werden, wird die Gefahr durch legale Drogen wie Alkohol und Tabak häufig unterschätzt. Laut dem DHS Jahrbuch Sucht 2025 sterben in Deutschland über 65.000 Menschen jährlich an den Folgen von Alkoholkonsum. Deutschland zählt zu den Hochkonsumländern – nur in Bulgarien ist Alkohol teurer.
Alkohol ist nicht nur gesundheitsschädlich, sondern auch ein Treiber von Gewalt und Verkehrsunfällen. Jährlich entstehen rund 20.000 Verkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss und mehr als 30.000 Gewalttaten werden alkoholbedingt registriert.
Die AWO fordert Maßnahmen gegen Alkoholmissbrauch
Um den Alkoholkonsum und seine Folgen zu reduzieren, fordert die AWO:
- Werbeverbote für Alkoholprodukte
- Preiserhöhungen für alkoholische Getränke
- Einschränkungen beim Verkauf, insbesondere in der Nacht und an Tankstellen
- Erhöhung der Altersfreigabe für den Verkauf von Alkohol von 16 auf 18 Jahre
Diese Maßnahmen sind wissenschaftlich belegt: Höhere Preise führen zu weniger Konsum – und damit zu weniger gesundheitlichen und gesellschaftlichen Schäden.
Fazit
Die aktuellen Zahlen zeigen: Die Drogenpolitik in Deutschland muss entschlossener und ganzheitlicher werden. Es braucht mehr Prävention, bessere Beratung und klare politische Maßnahmen – sowohl gegen illegale als auch gegen legale Drogen. Die AWO steht für eine solidarische Gesellschaft, in der Gesundheit und Schutz vor Sucht für alle erreichbar sind.