Der neue Grundrentenfreibetrag: Wie man sich die zusätzlichen Grundsicherungsleistungen in der Einführungsphase sichert
Die neue Grundrente soll den Berechtigten zugute kommen und nicht wieder von der Grundsicherung abgezogen werden. Damit dies gewährleistet ist, gilt bei der Grundsicherung und anderen einkommensabhängigen Fürsorgeleistungen seit dem 1.1.2021 ein „Freibetrag für Personen mit Grundrentenzeiten“ (Grundrentenfreibetrag). Das Problem: Die Entscheidung des Grundsicherungsamtes über den Grundrentenfreibetrag setzt voraus, dass die Rentenversicherung zuvor festgestellt hat, dass 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorliegen. Bis die Rentenversicherung alle 26 Mio. Renten auf Grundrentenzeiten überprüft hat, wird es allerdings noch eine Weile brauchen. Mit den folgenden FAQ zeigt der AWO Bundesverband Wege auf, wie sich potentiell Leistungsberechtigte die zusätzlichen Grundsicherungsleistungen sichern können.
Problemaufriss
Mit Inkrafttreten des Grundrentengesetzes zum 1.1.2021 erhalten schätzungsweise 1,3 Mio. Rentner*innen, die viele Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben und trotzdem nur über ein niedriges Einkommen verfügen, die neue „Grundrente“. Damit dieser Zuschlag zur Rente zu einer tatsächlichen Verbesserung bei den Rentnern führt und nicht direkt wieder bei der Grundsicherung oder anderen einkommensabhängigen Sozialleistungen abgezogen wird, sind mit dem Grundrentengesetz auch Freibeträge in Kraft getreten.
Diese Grundrentenfreibeträge sorgen dafür, dass der freigelassene Teil der Rente nicht auf die ergänzende Sozialleistung (z. B. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, „Hartz IV“, Wohngeld) angerechnet wird. Damit wird diese Sozialleistung entsprechend erhöht.
Um über den Grundrentenfreibetrag entscheiden zu können, muss der zuständige Sozialleistungsträger (z. B. Sozial- oder Grundsicherungsamt) wissen, ob bestimmte rentenrechtliche Versicherungszeiten erfüllt sind. Diese Versicherungszeiten müssen aber die Rentenversicherungsträger feststellen, die mit der Umsetzung der neuen „Grundrente“ allerhand zu tun haben werden. In der Folge wird es auch bei der Umsetzung der Grundrentenfreibeträge durch die jeweils zuständigen Sozialleistungsträger zu Verzögerungen kommen.
Wie kann also sichergestellt werden, dass die Berechtigten schon ab dem 1.1.2021 von den neuen Grundrentenfreibeträgen profitieren? Vorliegende FAQ sollen einen Überblick über diese Übergangsproblematik geben. Sie sollen aufzeigen, wann und wie ein Tätigwerden notwendig ist, um mögliche Anspruchsverluste der Betroffenen zu vermeiden. Am Ende dieses Beitrags können Sie diese FAQ auch als PDF-Datei herunterladen.
Fragen zum neuen Grundrentenfreibetrag in der Einführungsphase
Die „Grundrente“ ist keine eigene Rentenart, sondern ein einkommensabhängiger Zuschlag zu einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Deshalb muss besser statt von „Grundrente“ von „Grundrentenzuschlag“ gesprochen werden. Voraussetzung für den Grundrentenzuschlag ist unter anderem, dass mindestens 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorliegen. Hierzu zählen insbesondere Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung sowie Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen. Der Grundrentenzuschlag gilt sowohl für Neu- als auch für Bestandsrentner*innen.
Nähere Infos zum Grundrentenzuschlag erhalten Sie unter den entsprechenden AWO-FAQ. Den Link finden Sie am Ende dieses Beitrages.
Der Grundrentenfreibetrag gilt bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 82a SGB XII), beim Arbeitslosengeld II und Sozialgeld (§ 11b Abs. 2a SGB II), bei der Kriegsopferfürsorge (§ 25d Abs. 3c BVG) sowie beim Wohngeld (§ 17a WoGG). Der Freibetrag setzt sich jeweils zusammen aus einem pauschalen Grundbetrag in Höhe von monatlich 100 Euro der Rente und aus einem prozentualen Erhöhungsbetrag von monatlich 30 % des Teils der Rente, der den Grundbetrag übersteigt. Insgesamt gilt ein maximaler Freibetrag von 50 % der Regelbedarfsstufe 1. Dies entspricht im Jahr 2021 223 Euro. Durch den Grundrentenfreibetrag reduziert sich das anrechenbare Einkommen aus der Rente und die jeweilige Sozialleistung erhöht sich entsprechend.
Beispiel: Rente von 300 Euro
Grundbetrag: 100 Euro
+ Erhöhungsbetrag: 60 Euro (= 30 % von 200 Euro)
= Grundrentenfreibetrag: 160 Euro
Von den 300 Euro Rente bleiben bei der Grundsicherung 160 Euro anrechnungsfrei.
Voraussetzung für den Grundrentenfreibetrag ist stets, dass mindestens 33 Jahre mit rentenrechtlichen Grundrentenzeiten vorhanden sind. Ob dies der Fall ist, haben die Rentenversicherungsträger zu entscheiden. Den rentenrechtlichen Grundrentenzeiten gleichgestellt sind Zeiten einer Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte, Zeiten einer versicherungsfreien Beschäftigung bei einem öffentlich-rechtlichen, kirchlichen und ähnlichen Arbeitgeber, Zeiten einer von der Versicherungspflicht befreiten Beschäftigung als Lehrer oder Erzieher an einer nicht-öffentlichen Schule sowie Zeiten einer Versicherungspflicht bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung. Diese so genannten vergleichbaren Zeiten werden von den jeweiligen Versorgungseinrichtungen festgestellt.
Achtung: Der tatsächliche Bezug eines Grundrentenzuschlages ist nicht Voraussetzung für den Grundrentenfreibetrag!
Voraussetzung für einen Anspruch auf Grundsicherung ist unter anderem, dass die Betroffenen hilfebedürftig sind, das heißt, dass sie ihren notwendigen Lebensunterhalt überhaupt nicht oder nur zum Teil aus eigenen Mitteln bestreiten können („Hilfebedürftigkeit“).
Der notwendige Lebensunterhalt („Hilfebedarf“) setzt sich insbesondere aus den angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung, dem Regelbedarf und ggf. aus Mehrbedarfen zusammen. Für die Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten gelten (vorerst) bis zum 31.3.2021 erleichterte Bedingungen (vgl. § 141 Abs. 1, 3 SGB XII, § 67 Abs. 1, 3 SGB II). Der Regelbedarf ist eine monatliche Pauschale und liegt für Alleinstehende aktuell bei 446 € und für Ehepartner*innen jeweils bei 401 €. In bestimmten besonderen Lebenssituationen können zusätzlich Mehrbedarfe vorliegen. So sieht das Gesetz etwa für ältere und voll erwerbsgeminderte Personen, die eine Gehbehinderung mit dem Merkzeichen G oder aG nachweisen können, einen Mehrbedarf in Höhe von 17 Prozent des jeweils maßgebenden Regelbedarfes vor. Im Jahr 2021 entspricht dies bei Alleinstehenden rund 76 Euro und bei Personen in einer Partnerschaft rund 68 Euro.
Die Höhe der Grundsicherung ergibt sich, wenn man von diesem notwendigen Lebensunterhalt das anrechenbare Einkommen und Vermögen der Betroffenen abzieht. Bei der Vermögensanrechnung ist zu beachten, dass vorerst bis zum 31.3.2021 Corona-bedingte Erleichterungen gelten (vgl. § 141 Abs. 1, 2 SGB XII, § 67 Abs. 1, 2 SGB II). Bei der Einkommensanrechnung gilt für Renten: Vor der Anrechnung muss eine Art Nettorente errechnet werden, indem bestimmte notwendige Ausgaben von der Bruttorente abgezogen werden. Zu diesen Abzügen gehören beispielsweise die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge – und ab 2021 auch der neue Grundrentenfreibetrag (siehe Frage 2). Durch den Abzug des Grundrentenfreibetrages reduziert sich das anrechenbare Einkommen aus der Rente und der Grundsicherungsanspruch fällt entsprechend höher aus.
Im Ergebnis ergibt sich für die Berechnung eines Grundsicherungsanspruchs die folgende Faustformel:
Hilfebedarf (Kosten der Unterkunft und Heizung + Regelbedarf + ggf. Mehrbedarf)
– anrechenbares Einkommen (Nettorente – Grundrentenfreibetrag)
= Höhe der Grundsicherung
Praxistipp: Durch den neuen Grundrentenfreibetrag könnten Rentner, die die 33 Jahre an Grundrentenzeiten erfüllen und mit ihrem anrechenbaren Einkommen bisher nur knapp oberhalb der Grundsicherungsschwelle lagen, erstmals einen Anspruch auf Grundsicherung haben! Für eine erste Einschätzung, ob der Grundrentenfreibetrag zu einem Grundsicherungsanspruch führen könnte, bietet sich an, für den Grundrentenfreibetrag den maximalen Freibetrag in Höhe von 223 € in Ansatz zu bringen. Wenn sich dann herausstellt, dass das anrechenbare Einkommen nicht ausreicht, sollte das weitere Vorgehen geprüft werden (siehe Fragen 4 bis 7).
Die jeweils zuständigen Sozialleistungsträger (z. B. Sozial- oder Grundsicherungsamt) können über den neuen Grundrentenfreibetrag nur entscheiden, wenn die Rentenversicherungsträger entschieden haben, dass die erforderlichen 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorliegen. Bei den Neurentner*innen werden die Grundrentenzeiten künftig (voraussichtlich ab Sommer 2021) automatisch bei der Prüfung des Rentenantrages festgestellt. Bei den Bestandsrentner*innen – also bei Rentner*innen, die schon eine Rente beziehen – muss das Vorliegen von Grundrentenzeiten gesondert geprüft werden. Dies kann in Anbetracht der insgesamt 21 Mio. Rentner*innen einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Überprüfung der Bestandsrenten soll bis Ende des Jahres 2022 abgeschlossen sein.
Damit die zuständigen Sozialleistungsträger in dieser Übergangszeit trotzdem über den Grundrentenfreibetrag entscheiden können, hat der Gesetzgeber die folgende Übergangsregelung getroffen: Solange die Rentenversicherung noch nicht über das Vorliegen der 33 Jahre an Grundrentenzeiten entschieden hat, müssen die zuständigen Sozialleistungsträger einstweilen ohne den Grundrentenfreibetrag entscheiden (§ 143 SGB XII, § 69 SGB II).
Deshalb stellt sich die Frage: Wie können die zusätzlichen Sozialleistungsansprüche aufgrund des neuen Grundrentenfreibetrages gesichert werden, wenn die 33 Jahre an Grundrentenzeiten zwar dem Grunde nach erfüllt sind, der entsprechende Nachweis der Rentenversicherungsträger aber erst später erfolgt? Für die Beantwortung dieser Frage muss zwischen verschiedenen Fallkonstellationen unterschieden werden:
- Berechtigte, die schon im Jahr 2020 Grundsicherung bezogen haben (siehe Frage 5),
- Berechtigte, die ohne Grundrentenfreibetrag ab Jahr 2021 erstmals einen Grundsicherungsanspruch haben (Frage 6),
- Berechtigte, die allein wegen des Grundrentenfreibetrages einen Grundsicherungsanspruch erwerben (Frage 7).
Praxistipp: Ein besonderes Augenmerk muss auf die Fälle gelegt werden, bei denen auch oder nur vergleichbare Zeiten (siehe Frage 2) vorliegen. Hier müssen die betroffenen Rentner*innen ggf. selbst auf die jeweilige Versorgungseinrichtung zugehen und einen Nachweis über das Vorliegen einer vergleichbaren Zeit verlangen.
Bezieher*innen einer gesetzlichen Rente, die schon im Jahr 2020 zusätzlich Grundsicherung erhalten haben, müssen für die nachträgliche Berücksichtigung des Grundrentenfreibetrages nichts weiter tun. Der zuständige Grundsicherungsträger erfragt bei der Rentenversicherung automatisch, ob die 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorliegen („automatisierte Grundrentenabfrage“). Sobald die entsprechende Mitteilung der Rentenversicherung bei dem zuständigen Grundsicherungsträger eingeht, muss er den bisherigen Leistungsbescheid – auch ohne Antrag der Betroffenen – rückwirkend zum 01.01.2021 korrigieren. Die Korrekturentscheidung erfolgt nach § 48 Abs. 2 Nr. 1 SGB X oder nach § 44 Abs. 1 S 1 SGB X.
Praxistipp: Eine Mitteilung der Rentenversicherungsträger an die anfragenden Sozialleistungsträger erfolgt nur, wenn die 33 Jahre an Grundrentenzeiten erfüllt sind. Liegen die 33 Jahre an Grundrentenzeiten nicht vor, erfolgt keine Mitteilung.
Praxistipp: Rentner können die 33 Jahre an Grundrentenzeiten auch durch vergleichbare Zeiten bei einer anderen Versorgungseinrichtung erfüllen (siehe Frage 2). Diese vergleichbaren Zeiten müssen ebenfalls durch eine Bescheinigung der jeweiligen Versorgungseinrichtung nachgewiesen werden. Da dies – anders als bei der Rentenversicherung – nicht automatisch erfolgt, müssen die Betroffenen selbst aktiv werden. Entweder bitten sie ihre Versorgungseinrichtung um eine entsprechende Bescheinigung und legen diese dann dem zuständigen Sozialleistungsträger vor oder sie stimmen ausdrücklich zu, dass der zuständige Sozialleistungsträger den erforderlichen Nachweis bei der Versorgungseinrichtung einholt.
Bezieher*innen einer gesetzlichen Rente, die auch ohne den neuen Grundrentenfreibetrag ab Januar 2021 erstmals einen Anspruch auf ergänzende Leistungen der Grundsicherung haben (siehe Frage 3), müssen in jedem Fall einen Grundsicherungsantrag stellen. Die Grundsicherung wird zunächst ohne Grundrentenfreibetrag bewilligt. Für die nachträgliche Berücksichtigung des Grundrentenfreibetrages müssen die Betroffenen – wie unter Frage 5 beschrieben – nichts weiter tun. Das Grundsicherungsamt fragt automatisch bei der Rentenversicherung an, ob 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorliegen. Nach Eingang der entsprechenden positiven Mitteilung der Rentenversicherungsträger muss das Grundsicherungsamt den zunächst erlassenen Bescheid über die Grundsicherung (ohne Freibetrag) rückwirkend korrigieren. Siehe Frage 5.
Problematisch sind die Fälle, in denen erst der Grundrentenfreibetrag zu einem ergänzenden Grundsicherungsanspruch führt. Wenn aber ohne Grundrentenfreibetrag kein Anspruch auf Grundsicherung besteht, müsste das Grundsicherungsamt einen Grundsicherungsantrag nach der unter Frage 4 beschriebenen Übergangsregelung ablehnen. Und wenn das Grundsicherungsamt den Antrag ohne Berücksichtigung des Grundrentenfreibetrages ablehnen kann, muss es auch keine automatische Abfrage bei der Rentenversicherung stellen.
Praxistipp: Ein weiteres Problem ist: Wie erfahren die Rentner*innen, die ohne Grundrentenfreibetrag keinen Grundsicherungsanspruch haben, ob sie die 33 Jahre an Grundrentenzeiten erfüllen, wenn das Grundsicherungsamt in diesen Fällen keine automatische Abfrage bei der Rentenversicherung startet? Wenn die Betroffenen die 33 Jahre an Grundrentenzeiten erfüllen, erlässt die Rentenversicherung – auch ohne entsprechenden Antrag der Betroffenen – bis Ende 2022 einen entsprechenden Grundrentenbescheid, aus dem diese Zeiten hervorgehen. Wenn dies aus Sicht der Rentenversicherung allerdings nicht der Fall ist, müssen die Betroffenen selbst aktiv werden. Allerdings haben sie nach § 307g SGB VI bis zum 31.12.2022 keinen Anspruch auf Prüfung des Grundrentenzuschlages.
Es fragt sich, wie die Betroffenen, die erst wegen des Grundrentenfreibetrages einen Grundsicherungsanspruch erhalten, sich diesen Anspruch sichern können, solange der Nachweis der 33 Jahre an Grundrentenzeiten durch die Rentenversicherung aussteht. Hier bestehen zwei Möglichkeiten
- Die Betroffenen stellen sofort – also vor der Feststellung der Rentenversicherung über das Vorliegen der 33 Grundrentenjahre – einen Antrag auf Grundsicherung. Dieser Antrag wird wie oben beschrieben abgelehnt, weil das Grundsicherungsamt nach der Übergangsregelung zunächst ohne den Grundrentenfreibetrag entscheiden muss. Wenn die Rentenversicherungsträger das Vorliegen der 33 Jahre an Grundrentenzeiten feststellen, kommt für die Betroffenen vorrangig ein Überprüfungsantrag beim Grundsicherungsamt in Betracht. Das Grundsicherungsamt muss in diesem Fall seinen ursprünglichen Ablehnungsbescheid korrigieren.
Praxistipp: Wenn das Grundsicherungsamt den Antrag wegen der Übergangsregelung ablehnt, ist es gehalten darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung ohne Berücksichtigung des Grundrentenfreibetrages getroffen wurde.
- Statt des Grundsicherungsantrages stellen die Betroffenen zunächst – also vor der Feststellung der Rentenversicherung über das Vorliegen der 33 Grundrentenjahre – einen Antrag auf Wohngeld. Wenn nämlich (einstweilen) kein Grundsicherungsanspruch vorliegt, besteht eine begründete Aussicht darauf, dass übergangsweise Wohngeld beansprucht werden kann. Wenn der Rentenversicherungsträger nachträglich feststellt, dass die 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorliegen, stellt sich heraus, dass statt des Wohngeldanspruchs doch ein Grundsicherungsanspruch bestanden hätte. In diesem Fall könnten die Betroffenen beim Grundsicherungsamt einen so genannten wiederholten Antrag stellen. Bei einem solchen Antrag muss das Grundsicherungsamt nach § 28 SGB X prüfen, ob die Leistung rückwirkend zu bewilligen sind und zwar bis zur ursprünglichen Stellung des Wohngeldantrages.
Praxistipp: Der Weg über den Wohngeldantrag hat den Vorteil, dass die Betroffenen auf die ergänzenden Leistungen nicht bis zur Mitteilung der Rentenversicherung warten müssen. Ob ein Wohngeldanspruch voraussichtlich besteht, kann auf der Internetseite des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat mit Hilfe des Wohngeldrechners (zum Link siehe unten) ermittelt werden.
Die scheinbar einfachste Lösung des Übergangsproblems beim Grundrentenfreibetrag wäre gewesen, einen rückwirkenden Antrag einzuführen. Hiervon hat der Gesetzgeber aber bewusst abgesehen. Denn für die Grundsicherung und andere Fürsorgeleistungen gilt das Prinzip, dass Leistungen vor Antragstellung nicht erbracht werden. Eine Ausnahme von diesem Prinzip für die hier dargestellten Fälle hätte zu verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlungen geführt.
Voraussichtlich ab Sommer 2021 wird die Rentenversicherung für alle Erstrentenbezieher*innen die Grundrentenzeiten und einen eventuellen Grundrentenzuschlag direkt im Erstbescheid ausweisen. In diesen Fällen können sich die Grundsicherungsämter nicht mehr auf die unter Frage 4 beschriebene Übergangsregelung beziehen, sondern müssen sofort unter Berücksichtigung des Grundrentenfreibetrages über den Antrag auf Grundsicherung entscheiden.
Weiterführende Informationen
-
AWO-FAQ zum Grundrentenzuschlag ("Grundrente")
-
Wohngeldrechner des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat
-
AWO-FAQ zum neuen Grundrentenfreibetrag in der Einführungsphase als PDF-Datei