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Armut trägt noch immer viel zu oft ein weibliches Gesicht

Von: Anna Droste-Franke

 

Von Beginn an setzte sich die AWO für Gleichstellung an. Die Kämpfe gestern und heute sind sich verblüffend ähnlich.

Gender Pay Gap, Carearbeit, Armut Alleinerziehender – vermeintlich sind diese Themen und die sie begleitenden Debatten hochmodern. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass dieser erste Eindruck täuscht. So wird z.B. schon 1930 in der Fachzeitschrift der Arbeiterwohlfahrt beschrieben, dass die „Industriearbeiterinnen“ deutlich weniger Gehalt bekämen als ihre männlichen Kollegen, und wie die Doppellast von Erwerbs- und Hausarbeit auf den Schultern der Frauen läge:

"Freilich wird das Einkommen der Frau im allgemeinen hinter demjenigen des Ehemannes zurückbleiben, denn die Frauen erhalten in der Industrie im Durchschnitt nur 60 bis 70% des Männerlohnes."

Auch die Gründung der AWO selbst wurde von Frauen vorangetrieben, die unter dem Eindruck der Armut von Arbeiterinnen und Kriegswitwen das System von Almosen und „Wohlfahrt“ reformieren wollten. Seit 100 Jahren also streitet die AWO für die Rechte von Frauen. Marie Juchacz war die erste Frau, die in einem deutschen Parlament ans Rednerpult trat. Ihre größte sozialpolitische Errungenschaft war die Gründung der AWO im Dezember 1919.

Die Lebenssituation von Frauen prägt das Wirken des Verbandes deshalb von Beginn an – und zum Teil werden seit Jahrzehnten ähnliche Kämpfe geführt. Frauen übernehmen auch heute viele der sozialen Arbeiten: Wie ein Gutachten zum zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung belegt, leisten Frauen mit der Kindererziehung, der Pflege von Angehörigen, Ehrenämtern und Hausarbeit täglich 52 Prozent mehr unbezahlte Tätigkeit für andere als Männer. Damit einher geht für sie ein deutlich höheres Risiko von Armut betroffen zu sein - und zwar sowohl in jungen Jahren als auch im Alter.

Armut in Deutschland hat häufig ein weibliches Gesicht. So vielfältig die Lebenslagen von Frauen sind – so komplex sind auch die Armutsursachen. Nicht existenzsichernde Teilzeitarbeit und Mini-Jobs zählen genauso dazu wie unbezahlte Care- und Sorgearbeit sowie die Lohnlücke von immer noch 21 Prozent zwischen Frauen und Männern. Das Ehegattensplitting und die im SGB II eingeführten Bedarfsgemeinschaften manifestieren die Abhängigkeit von Frauen. Ein besonders hohes Risiko arm zu werden, tragen Alleinerziehende. Die Benachteiligung im Erwerbsleben setzt sich in der Rente im sog. Gender-Pension-Gap fort.

Für die AWO sind diese Befunde nicht hinnehmbar. Nicht nur im Jubiläumsjahr setzt sie sich vielfach gegen Frauenarmut ein: Als feder- und geschäftsführender Verband in der Nationalen Armutskonferenz (nak) bringt sie die Perspektive von Menschen mit Armutserfahrung stärker in den politischen Raum. Sie war Mitveranstalterinn des Armutskongresses 2019 und richtet am 18. und 19. November 2019 das 14. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung in Berlin aus. Gemeinsam mit der nak fordert die AWO, Armut von Frauen in Deutschland nicht länger hinzunehmen und stellt Forderungen für eine wirksame Bekämpfung von Frauenarmut auf.

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