Praxisgespräch

Praxisgespräch

Booster für die Pflege

Bezirksverband Schwaben: Ein Praxisgespräch mit den Staatsminister*innen Holetschek und Trautner zeigte Wege auf, Personal zu halten und zu gewinnen.

Foto: Gemeinsamer Austausch im AWO Seniorenheim in Memmingen, von links: Bayerns Sozialministerin Carolina Trautner, Dieter Egger, Vorstandsvorsitzender und Vorstand für Altenhilfe bei der AWO Schwaben, Brigitte Protschka, Präsidentin der AWO Schwaben sowie Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek

Inmitten der verheerenden vierten Corona-Welle wurde eines überdeutlich: Es fehlt dringend an Personal in Krankenhäusern und Seniorenheimen. Bei einem Besuch im Memminger AWO Seniorenheim sprach Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek von einer „humanitären Katastrophe“, auf die man zusteuere, wenn nicht sofort gehandelt werde. Zusammen mit Sozialministerin Carolina Trautner war er in die Einrichtung gekommen, um Handlungsempfehlungen aus der Praxis mit in den Landtag zu nehmen.

Pflegedienstleiterin Marianne Hartmann schilderte eindringlich die Lage. „Wir Mitarbeiter sind mit unseren Kräften am Ende. Die Situation hat sich durch Corona extrem verschärft. Mitarbeitende mit den kleinsten Krankheitssymptomen müssen zu Hause bleiben und fallen für einige Tage aus. Ersatz gibt es nicht. Der Markt der Pflegekräfte ist leer und wenn dann doch jemand bei uns arbeiten möchte, findet er keine bezahlbare Wohnung“, sagte sie und wünschte sich ein „Gesamtpaket für die Pflege“. Wirklich etwas ändern könne nur die Politik.

Maßnahmen, die schnell wirken

Die Präsidentin der AWO Schwaben, Brigitte Protschka, plädierte für eine Impfpflicht und einen „Pflege-Booster“, d. h. Maßnahmen, die schnell wirken, um die Rahmenbedingungen in der Pflege zu verbessern. Protschka wörtlich: „Mehr Personal gewinnen könnten wir vor allem mit weniger Bürokratie und mehr Unterstützung im Pflegealltag durch gesundheitsfördernde Maßnahmen. Um kurzfristige Personalausfälle auszugleichen und damit die Freizeit unserer Pflegekräfte wieder planbar zu machen, brauchen wir die Einführung und Finanzierung von Springer-Personal.“ Nicht vergessen werden dürfe - nach der Einführung der generalistischen Ausbildung - die gleichwertige Bezahlung von Pflegefachkräften in Krankenhäusern und Pflegeheimen, damit kein Nachteil für Pflegeheime entstehe.

Dieter Egger, Vorstandsvorsitzender und Vorstand für Altenhilfe bei der AWO Schwaben, stellte zudem fest, dass auch die Arbeitgeber selbst etwas tun können. Die AWO Schwaben fördere ihre Mitarbeitenden etwa durch eine Beteiligung an Kinderbetreuungskosten, Bereitstellung gesundheitsfördernder Maßnahmen und einen zusätzlichen Urlaubstag in der Corona-Zeit. „Wir müssen an mehreren Säulen ansetzen. Auch der Steuerzahler muss entscheiden, was ihm die Pflegeeinrichtungen wert sind“, betonte Holetschek und nannte als denkbare Schritte steuerfreie Zuschläge, die 35-Stunden-Woche und die Möglichkeit, früher in Rente zu gehen.

Positiver über soziale Berufe reden

Und Sozialministerin Trautner merkte an: „Schade, dass es erst eine Pandemie gebraucht hat, bis auch die Öffentlichkeit festgestellt hat, wie wichtig soziale Berufe sind. Wir müssen positiver über diese Berufe reden und alles daransetzen, junge Menschen dafür zu begeistern.“ Claudiu Lacatus ist gerne Auszubildender am AWO-Seniorenheim Memmingen. Was ihm an seinem Job so gefällt? „Man ist nicht nur Pfleger, sondern auch Tochter, Sohn, Vater, Mutter, Koch und vieles mehr. Die Ausbildung eröffnet Chancen, sich fortzubilden. Man kann viel erreichen. Aber das Allerschönste ist es, wenn sich die Menschen, die man sorgfältig pflegt, mit einem Lächeln bedanken.“ Er ist überzeugt: Der Pflegeberuf ist schön, benötigt aber mehr Werbung in einer Form, die gerade auch bei jungen Menschen wirklich ankommt.

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