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31.01.2023

5 Jahre Istanbul-Konvention in Deutschland: AWO kritisiert Lücken im Gewaltschutz

Der Gewaltschutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt muss endlich oberste Priorität haben.

Nach Ansicht der AWO ist die Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt noch immer nur mangelhaft umgesetzt. „Seit fünf Jahren ist die Istanbul-Konvention geltendes Recht in Deutschland. Das nehmen wir zum Anlass, um nachdrücklich Taten und Ergebnisse zu fordern, die zeigen, dass die Konvention voll umfänglich umgesetzt wird – dies ist bislang leider nicht der Fall“ so Selvi Naidu, Mitglied im AWO-Bundesvorstand. „Der Gewaltschutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt muss oberste Priorität haben“.

 

Die Istanbul-Konvention fordert von den Vertragsstaaten eine Vielzahl an staatlichen Maßnahmen zu Prävention, Intervention, Schutz und Sanktion. Eine Expert*innengruppe des Europarats hat in ihrem Evaluationsbericht 2022 zum Umsetzungsstand der Konvention in Deutschland – dem Grevio-Bericht – noch immer zahlreiche Lücken offenbart, um den Schutz vor Gewalt gegen Frauen und Mädchen wirklich wirksam auszubauen und zu stärken. Es fehlen unter anderem ein nationaler strategischer Rahmen sowie bundesweite Ziele zur Umsetzung der Konvention, die die Rechte der Opfer in den Mittelpunkt stellen. Eine verbindliche standardisierte Risikoabschätzung für gewaltbetroffene Frauen, landesweite Qualitätsstandards für Schutz und Beratung und eine solide öffentliche Finanzierung müssen endlich umgesetzt werden.

 

Die AWO fordert, dass in dieser Legislatur zügig eine bundesgesetzliche Grundlage geschaffen wird, um das Recht auf Schutz, Beratung und Hilfe bei geschlechtsspezifischer bzw. häuslicher Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu garantieren. Bislang gibt es zur Umsetzung dieses Versprechens aus dem Koalitionsvertrag keine Ergebnisse. Es braucht ebenfalls eine bundesgesetzliche Finanzierungsregelung, um die bedarfsgerechte Infrastruktur mit Fachberatungsstellen, Notrufen, Frauenhäusern und weiteren notwendigen Angeboten vorzuhalten und entsprechend den Anforderungen aus der Istanbul-Konvention auszubauen. Nach wie vor fehlen bundesweit rund 15.000 Familienplätze in Frauenhäusern, um gewaltbetroffene Frauen und Kinder sofort aufnehmen zu können, zu schützen und auf ihrem Weg in ein gewaltfreies Leben zu unterstützen. Der Ausbau mit spezifischen Angeboten für Frauen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, wohnungslose Frauen und/oder Asylsuchende muss ermöglicht werden, um niedrigschwellige, professionelle und diskriminierungsfreie Zugänge zu Schutz und Hilfe zu gewährleisten.

 

Am 01.02.20218 trat in Deutschland die Istanbul-Konvention in Kraft. Das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“ ist der umfassendste Menschenrechtsvertrag gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Frauen sind von sexualisierter und häuslicher Gewalt nach wie vor in einem besonders hohen Maße betroffen. Diese findet durch zumeist männliche Partner vor allem in den eigenen vier Wänden statt.

 

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